Bienensterben: Brechen unsere Ökosysteme bald zusammen?

Mirjam Walser
Mirjam Walser

Am

Sterben die Bienen aus, folgt ihnen die Menschheit vier Jahre später. Dieses dramatische Zitat von Albert Einstein hat leider nicht an Aktualität verloren.

Osmia Cornuta Biene auf Kirsche
Wildbienen sind unverzichtbar für das Gleichgewicht unserer Ökosysteme. - Wildbiene + Partner

Sie sind klein und unscheinbar, spielen jedoch eine grosse Rolle für die Menschen: Wildbienen. Die Abnahme der Biodiversität gilt neben dem Klimawandel als eines der grössten Risiken für die Menschheit. Dadurch ist auch das Bienensterben in den letzten zehn Jahren vermehrt in den Fokus gerückt.

Wer von Bienen spricht, denkt oft zuerst an Honigbienen. Dabei gibt es weltweit über 20'000 verschiedene Wildbienen, davon über 600 in der Schweiz.

Sie übernehmen eine Schlüsselrolle in vielen unserer Ökosysteme. Ohne die Bestäubung der Wildbienen würden viele Wildpflanzen aussterben.

Essenziell für die Nahrungsvielfalt

85 Prozent der von den Menschen gepflanzten Nutzpflanzen werden von Bienen bestäubt. Würden die Wildbienen verschwinden, würde sich unsere Nahrungsvielfalt enorm verringern.

Wildbienen sind essenziell für unsere Nahrungsvielfalt.
Wildbienen sind essenziell für unsere Nahrungsvielfalt. - Wildbiene + Partner

Das Zitat von Albert Einstein aus den frühen 1940er-Jahren verdeutlicht es:

«Wenn die Biene einmal von der Erde verschwindet, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben. Keine Bienen mehr, keine Bestäubung mehr, keine Pflanzen mehr, keine Tiere mehr, kein Mensch mehr.»

Schweizer Unternehmen will die Wildbienen retten

Diese Bedrohung zu bekämpfen und den Lebensraum der wichtigen Wildbienen zu erhalten, hat sich das Unternehmen Wildbiene + Partner vorgenommen. Sie sind bekannt für ihre Wildbienenhäuschen, die sich Privatpersonen auf ihren Balkon oder in ihren Garten stellen können.

Tom Strobl ist einer der Gründer von Wildbiene + Partner.
Tom Strobl ist einer der Gründer von Wildbiene + Partner. - Wildbiene + Partner

Wildbiene + Partner arbeitet aber auch mit der Landwirtschaft zusammen und führt wissenschaftliche Analysen durch, immer mit dem Ziel, den Bestand der Wildbienen zu fördern und zu schützen.

Anlässlich der 10-jährigen Jubiläumsfeier des Unternehmens haben wir mit einem der Gründer, Tom Strobl, gesprochen.

Nau.ch: Was macht Wildbiene + Partner?

Tom Strobl: Unser Ziel ist es, Wildbienen zu fördern. Wir arbeiten im Siedlungs- und landwirtschaftlichen Raum, aber auch auf Firmengeländen.

Für Privatpersonen, die sich für den Erhalt der Bienen einsetzen möchten, bieten wir sogenannte «BeeHomes» an. Das sind ökologisch hergestellte Häuschen, die den Tierchen Hohlräume zum Nisten bieten.

So sehen die klassischen «BeeHomes» aus.
So sehen die klassischen «BeeHomes» aus. - Wildbiene + Partner

Sie können überall aufgestellt werden, auf dem Balkon, der Terrasse oder sogar auf dem Fenstersims in der Stadtwohnung.

Die «BeeHomes» sind ein einfacher Einstieg in die faszinierende Welt der Bienen: Denn das Wildbienenhäuschen beinhaltet bereits eine Startpopulation der friedlichen und anspruchslosen Mauerbienen.

Die «BeeHomes» bieten ein intensives Naturerlebnis aus nächster Nähe. Man kann die Tiere stundenlang beobachten und lernen, wie sie sich verhalten. Viele bauen auch einen emotionalen Bezug zu «ihrer» Bienenpopulation auf. Sie werden kleine Mitbewohner auf dem Balkon.

Wildbienen sind für Menschen harmlos und hauptsächlich mit ihrer Arbeit beschäftigt. Im Bild eine Mauerbiene.
Wildbienen sind für Menschen harmlos und hauptsächlich mit ihrer Arbeit beschäftigt. Im Bild eine Mauerbiene. - Wildbiene + Partner

Wichtig ist zu wissen, dass die Insekten harmlos sind. Sie sind total fokussiert auf ihre Arbeit und belästigen einen nicht beim Essen, wie es etwa bei Wespen vorkommt.

Nau.ch: Weshalb ist es wichtig, dass wir uns für Wildbienen einsetzen?

Tom Strobl: 40 Prozent unserer Wildbienenarten sind vom Aussterben bedroht. Dabei sind sie enorm wichtig für unser Ökosystem. Ohne die Arbeit der Wildbienen hätten wir etwa zwei Drittel weniger Essensvielfalt auf dem Teller.

Vielen Menschen ist auch nicht bewusst, wie dramatisch es um die Wildbienen und somit um unsere Ökosysteme steht. Das Problem sind die Intensivierung der Landwirtschaft und die fortschreitende Zersiedlung, welche die Lebensräume der Wildbienen bedrohen. Sie sind auf ein breites Angebot einheimischer Wildblumen angewiesen.

Wildbienen fühlen sich auf heimischen Blumen wohl.
Wildbienen fühlen sich auf heimischen Blumen wohl. - Wildbiene + Partner

Giftige Pestizide können für die Insekten schon in kleinen Mengen tödlich sein. Auch die Vernichtung von Unkräutern ist problematisch, denn für die Wildbienen sind sie eine wertvolle Nahrungsgrundlage.

Die akkurat gepflegten Wiesen und Gärten in Siedlungsräumen stellen ebenfalls ein Problem dar. Manche Gartenbesitzer spritzen ihre Pflanzen und entfernen alle aus ihren Augen unnötigen Unkräuter. Stattdessen werden Blumen wie Hortensien oder Geranien angepflanzt, deren Blüten für Wildbienen aber wertlos sind.

Nau.ch: Wie können wir uns für den Erhalt der Wildbienen einsetzen?

Tom Strobl: Privatpersonen können auf dem Balkon und im Garten ein Blütenangebot an einheimischen Wildblumen schaffen. Im Garten ist zum Beispiel ein Schwarzdorn besser als eine Kirschloorbeer- oder Thuja-Hecke. Auch Weissdorn, Schlehe und Hornklee sind eine gute Wahl.

Wertvoll ist vor allem eine grosse Vielfalt zum Beispiel mit Glockenblumen, Betonien, Färberkamille oder Aufrechter Ziest.

Die Wildbienen lassen sich in den «BeeHomes» beobachten.
Die Wildbienen lassen sich in den «BeeHomes» beobachten. - Wildbiene + Partner

Zwei Drittel der Wildbienen sind zudem Bodennister. Offene Bodenstellen oder Strukturelemente für den Garten mögen sie gerne. Den Garten lassen Sie deshalb am besten etwas wilder wachsen, statt alles mit grünem Rasen zu überdecken.

Grundsätzlich müssen wir den Wildbienen genügend Lebensraum bieten. Es braucht naturnahe Flächen, Schutzgebiete und Rückzugsgebiete. Da kann auch die Politik helfen.

Wir arbeiten mit dem Projekt der «Beegnette» zudem mit der Landwirtschaft zusammen. Mit den Landwirten besprechen wir die Struktur und das Management ihrer Flächen. Damit wollen wir erreichen, dass Felder zugleich als Nahrung und Rückzugsgebiet für Bienen wie auch als Futterquelle für Nutztiere dienen können.

Auch Kindern macht es Spass, in die Welt der Bienen einzutauchen.
Auch Kindern macht es Spass, in die Welt der Bienen einzutauchen. - Wildbiene + Partner

Die Wissenschafts-Community spielt für uns ebenfalls eine grosse Rolle. Wir haben in den letzten Jahren enorm viele Daten gesammelt. Diese möchten wir für wissenschaftliche Zwecke zur Verfügung stellen. Es gibt also viele Möglichkeiten, wie wir als Gesellschaft zur Rettung der Wildbienen beitragen können.

Hier ergänzt Kommunikationsverantwortliche Ilona Schönle: Viele Leute haben das Gefühl, sie müssen ganz viel machen und dass sich der Einsatz für die Bienen nur lohnt, wenn man viel Fläche zur Verfügung hat. Es ist aber wichtig zu verstehen, dass jeder Blumentopf auf dem Balkon etwas hilft. Vorausgesetzt, es sind für die Wildbienen geeignete Pflanzen.

Jede Person kann mit wenig Mitteln mehr machen, als sie eigentlich denkt.

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