Tierschutzorganisationen kritisieren Sechseläuten
Schon seit 2015 weisen die Stiftung für das Tier im Recht und der Zürcher Tierschutz auf die Missstände beim traditionellen Sechseläuten hin.
In einer Medienmitteilung erklären die Stiftung für das Tier im Recht (TIR) und der Zürcher Tierschutz (ZT), warum das Sechseläuten für Pferde problematisch ist.
Kurz vor der Böögg-Verbrennung in Heiden (AR) am 22. Juni 2024 publizieren die beiden Organisationen einen Tierschutzbericht zum Einsatz der Pferde am Sechseläuten. Seit 2015 verfolgen sie den Anlass kritisch.
Nach sechs gemeinsamen Berichten mit Verbesserungsvorschlägen zum Wohl der Pferde kommen die beiden Organisationen zum Schluss, dass es den Zünften am Willen fehlt, die Tierschutzdefizite zu beheben.
Kein Freudenfest für Pferde
Zu enge Verschnallungen, Reiter und Begleitperson zerren am Pferd herum: Das Sechseläuten ist für viele Pferde kein Freudenfest, sondern ein Trauerspiel. Im Frühling 2024 waren die TIR und der ZT erneut mit vier Beobachtungsteams am Sechseläuten unterwegs, um den Umgang mit den Reit- und Wagenpferden sowie deren Belastungsanzeichen zu dokumentieren.
Wie in den Vorjahren wurden bei zahlreichen Pferden an mehreren Standorten deutliche Anzeichen von Stress und Überforderung dokumentiert. Durch plötzlichen Lärm, bedrohliche Enge und Reize, unbekannte Menschen und die ungewohnte Geräuschkulisse wurden viele Pferde in Angst versetzt.
Überzäumen der Pferde trotz Verbot
Des Weiteren kritisieren die zwei Organisationen das schmerzhafte Überzäumen von Pferden mit erzwungen enger Halshaltung, die gemäss Tierschutzverordnung ausdrücklich verboten ist. Zu den weiteren Missständen gehörten falsch oder zu eng verschnallte Reithalfter und der Einsatz von scharf wirkenden Mundstücken wie Kandaren.
Diese führten bei mangelnder Reiterfahrung schnell zu schmerzhaften Einwirkungen im Pferdemaul, was wiederholt beobachtet wurde.
Sedierte Pferde belegen die Problematik
Am Sechseläuten wird gemäss Aussagen des Zentralkomitees der Zünfte Zürichs rund die Hälfte der Pferde medikamentös ruhiggestellt (sediert). Bei zahlreichen Pferden handle es sich um zugemietete Tiere, die zu den Reitenden keine feste Beziehung haben.
Viele Tiere seien zudem hinsichtlich der Reiz- und Geräuschkulisse am Sechseläuten nicht ausreichend trainiert. Aus Tierschutzsicht ist klar: Pferde, die ohne Sedierung nicht am Anlass teilnehmen können, müssen im Stall bleiben.
Es brauche eine Selektion, die nur geeignete, gut vorbereitete Pferde und Reiter zulasse. Auch der Schweizer Rat und Observatorium der Pferdebranche empfiehlt, bei Anlässen in der Öffentlichkeit nur spezifisch ausgewählte Tiere und nur stabile Mensch-Pferd-Paare einzusetzen.
Vision eines tierleidfreien Sechseläutens
Die zwei Tierschutzorganisationen stellen klar, dass ein grober Umgang mit Pferden in der heutigen Zeit keinen Platz mehr habe. «Aus rechtlicher Sicht sind der Einsatz von schmerzhaften Hilfsmitteln, ein grober Umgang mit Pferden sowie Hyperflexion und Sedation als klar tierschutzrelevant einzustufen», so Christine Künzli von TIR.
Nadja Brodmann (ZT) ergänzt: «Solch ein Umgang mit Pferden ist nicht mehr zeitgemäss. Eine zunehmende gesellschaftliche Kritik ist daher berechtigt. Die Zünfte müssen sich stärker um das Tierwohl bemühen, sollen Pferde auch künftig Teil des Sechseläutens sein.»
Die beiden Organisationen fordern daher strenge Kontrollen und eine Selektion für die Teilnahme sowie den Ausschluss von fehlbaren Personen. Dadurch würde nach Ansicht der Tierschützer die Anzahl der Pferde massiv sinken, aber die Qualität und die Freude der Bevölkerung am Sechseläuten deutlich steigen.